Jeder von uns hatte schon einmal Angst. Wie verhält es sich jedoch, wenn diese Angst unkontrollierbar wird? Wenn sie sich ausbreitet wie ein Spinnennetz? Damit musste sich Rica, erfolgreiche Unternehmensberaterin, auseinandersetzen, als sie vor 8 Jahren die Diagnose F41.3, akute Angststörung mit Zwangshandlungen, erhielt.
Das Leben selbst definiert, dass auf das Ende einer Sache der Anfang von etwas Neuem folgt. Nach einer Konfrontation mit ihrer Vergangenheit muss Rica ihr Leben umkrempeln. Sie begibt sich auf eine Reise ins Unbekannte, um private und berufliche Entscheidungen zu treffen. Nur eines weiß sie ganz sicher: Sie möchte nie wieder an den Punkt gelangen, an welchem ihr gerade einmal 60 x 60 cm auf dem Sofa verbleiben, auf denen sie sich einigermaßen sicher fühlt. Sie gerät in ein turbulentes Abenteuer, dem sie sich auf ihre lebensfrohe Art stellt.
Kann sich Rica von der Bürde befreien, die ihr die Krankheit aufgezwungen hat? Findet sie den Mut, sich auf eine neue Liebe einzulassen? Denn diese Angststörung wird nie vollständig ruhen.
Ein gefühlvoller, tiefgründiger Roman über die entscheidenden WimpernschlagMomente des Lebens.
Taschenbuch (500 Seiten), E-Book
1. Mist, mein Kollege hat ein Pflaster am Daumen, dachte Rica Wünsche. Hör auf, ihm auf die Finger zu starren! Das hast du hinter dir, befahl ihre innere Stimme energisch. »So, meine Damen und Herren, das wäre alles für heute.« Ricas Handflächen wurden feucht, während sie hinzufügte: »Vielen Dank für Ihre hervorragende Arbeit.« Sie spürte ihr Herz bis hinauf in die Ohren pulsieren. Sieht man das Blut durch? Hör auf hinzustarren! Das kann dir doch egal sein,meldete sich ihre innere Stimme erneut zu Wort. Es folgte allgemeines Trommeln auf den dunklen Konferenztisch. Beruhige dich. Du musst ihm nicht die Hand schütteln. Hör einfach auf hinzustarren! Ricas Blick schweifte über ihr Team. Sie sah in den erschöpften Gesichtern ihrer Mitarbeiter die aufreibenden Ereignisse widergespiegelt, die dieses Mandat unerwartet mit sich gebracht hatte. »Ich weiß, die letzten Wochen waren hart, und das arbeitsfreie Wochenende …«, erlöstes Gelächter unterbrach Ricas Satz, »… haben wir uns alle verdient. Nun denn, bis Montag in alter Frische.« Stühle wurden gerückt, Papiere gestapelt. Der kleine Besprechungsraum in der Unternehmensberatung MARKWART leerte sich schneller, als eine Lawine den Berg hinunterstürzen konnte. Die Kollegen wussten nur zu gut, dass ihrer Abteilungschefin im letzten Augenblick oft noch etwas Dringendes einfiel. Rica dagegen blieb sitzen, drehte ihren Stuhl so, dass sie direkt auf die bodentiefe Glasfront sehen konnte, und atmete tief durch. Die große Fensterfläche flutete den Raum mit Sonnenlicht und Rica erlaubte sich, in den wärmenden Strahlen ihren Gedanken nachzugehen. Was war das denn gerade? Es ist schon so lange her, dass mich der Anblick von Wunden und Blut in eine Angstattacke versetzte … Obwohl, so schlimm wie damals war es nicht. Jener Zeitpunkt in meiner Vergangenheit, als nichts mehr ging. Rica kräuselte die Stirn und zog ihre Augenbrauen furchtsam zusammen. Sie malte sich aus, was heute gewesen wäre, wenn sie ihrem Kollegen die Hand hätte reichen oder etwas hätte anfassen müssen, das er ihr gab. Stopp! Hör sofort auf mit diesen Gedanken, sie führen zu nichts. Es ist nichts passiert. Alles ist gut. Mach mit deiner Arbeit weiter!, befahl ihre innere Stimme resolut. Rica bemerkte, dass sie vor Anspannung den Atem angehalten hatte, und lockerte sich. Die Blätter der Bäume vor dem Fenster schienen in der leichten Maibrise zu tanzen. Verborgen im Geäst entdeckte Rica ein Vogelnest und erinnerte sich daran, wie sie tagelang das Internet durchforstet hatte. Auf der Suche nach Informationen, ob und wie Krankheiten durch Blut übertragbar waren. Ich war sogar kurz davor, zu einer Aidsberatungsstelle zu gehen, hätte mich meine Angst nicht davon abgehalten. Hilfreich schaltete sich Ricas innere Stimme ein: Deine Therapeutin hat dir empfohlen auszuprobieren, dieses Etwas, das dir zu dem Thema Angst einjagte, einfach nicht anzunehmen. Wie du weißt, gelang mir das mit der Zeit immer besser. Ich ließ die Bedenken an mir abprallen wie eine heftige Standpauke als Kind, bei der mein Dickkopf größer war als meine Furcht vor dem Zorn meiner Eltern. Rica hielt es auf dem Stuhl nicht länger aus. Ihr gefiel nicht, dass sie schon wieder dabei war, sich in ihren Gedankenströmen zu verlieren. Sie stellte sich dicht vor das Fenster und legte die Stirn an das kühle Glas. Der heftige Temperaturkontrast half ihr, zur Besinnung zu kommen. Schließ deine Überlegungen ab, denn es wartet jede Menge Bürokram auf dich.
Geschichte zum Buch
Mit meinem Debütroman habe ich mich an ein wichtiges Thema gewagt, das jedoch in der Belletristik viel zu kurz kommt. Psychische Erkrankungen, insbesondere Angststörungen, gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der Bevölkerung. Ich habe mich gefragt, warum solche Themen in unseren Geschichten nicht auftauchen, obwohl sie mitten unter uns sind. Das wollte ich ändern. WimpernschlagMomente ist ein Entwicklungsroman, der die Auswirkungen einer Angsterkrankung auf eine Betroffene und deren nahestehenden Personen offen und realistisch erzählt. Das Thema habe ich in eine moderne, tiefgründige und humorvolle Geschichte, die von Freundschaft und Liebe handelt, verpackt. Mit diesem Buch möchte ich nicht nur eine unterhaltsame Lesezeit bescheren, sondern auch Mut machen, aufklären, Hoffnung schenken und anregen eigene Denkmuster zu hinterfragen.
TRIGGERWARNUNG: WimpernschlagMomente befasst sich mit den Themen „Angststörung“ und „Panikattacken“.
Besonderheit des Buches
Bei einem ersten Blick in meinen Roman, wunderst Du Dich bestimmt über die unterstrichenen Sätze. Mir ist bewusst, dass diese Darstellungsweise absolut untypisch ist und trotzdem habe ich mich für diese Form entschieden.
In einem Buch gibt es normalerweise eine Erzählstimme. Wenn der:die Erzähler:in etwas denkt, wird dies aufgrund leichterer Lesbarkeit, meist durch kursive Sätze abgebildet. WimpernschlagMomente hat die Besonderheit, dass es eine weitere Erzählstimme gibt, die ich kursiv und unterstrichen dargestellt habe.
Ein typischer Wesenszug meiner Hauptfigur besteht darin, Selbstgespräche mit ihrer inneren Stimme zu führen. Dadurch erhält der:die Leser:in die Möglichkeit, tief in die Erlebniswelt der Hauptfigur einzutauchen und somit die Erkrankung und deren Auswirkungen besser zu verstehen. Diese besondere Erzählstimme ermöglicht einen ganz anderen Zugang zum Thema und bietet die Chance etwas zu begreifen, wofür es schwer ist Worte zu finden.
